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Larissa Kamer
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23. Oktober 2020 | HFT Luzern

«Auf Digitalisierung setzen – und auf persönliche Kontakt»

Im Rahmen des dieses Jahr auf dem Festland stattfindenden Studytrip @Sea hat Dr. Roland Conrady, Professor für Betriebswirtschaftslehre der Touristik, das BZLU besucht. Sein Vortrag zum Thema Krisenmanagement im Tourismus war erhellend, manchmal ernüchternd, meist aber geprägt vom Wissen, dass die Reisebranche gut ausgebildete Leute braucht. Heute mehr denn je.

Je rund 50 Studierende, eine Gruppe am Vormittag, die andere am Nachmittag, waren anwesend, als Thomas P. Illes den prominenten Gast vorstellte: Prof. Dr. Roland Conrady von der Hochschule Worms ist ein Doyen seines Faches. Er verantwortet den ITB-Kongress, hat lange bei der Lufthansa gearbeitet und hat diverse Fachbücher zum Thema Tourismus und Aviatik geschrieben.

Ein solcher Crack kann sehr viel wissen oder auch sehr viel weitergeben. Roland Conrady tut beides. Mit einem Background, den man oft nur erahnen konnte, teilte er sein Wissen ebenso bereitwillig wie verständlich und nahm sich immer wieder Zeit, Fragen der Anwesenden ausführlich zu beantworten.

Vom Overtourism über Nacht zum Undertourism

Conrady zeigte auf, wem es in der Tourismusbranche im Moment gerade besonders schlecht geht – und weshalb. So gibt es unter den einzelnen Ländern, aber auch unter den Anbietern Gewinner und Verlierer. Gehen aus einem Land wie Deutschland oder der Schweiz unter normalen Umständen viele Leute ins Ausland in die Ferien, leidet nun beispielsweise die nationale Hotellerie vergleichsweise wenig, weil man nun halt Ferien im eigenen Land macht. Traditionelle Feriendestinationen wie Thailand oder die Malediven hingegen können ihre für die lokale Bevölkerung viel zu teuren Hotelzimmer jetzt kaum an Leute verkaufen, die bereits in Thailand oder auf den Malediven leben.

Ein Grundproblem, so der Profi, sei die Tatsache, der der Tourismus zwar kein Gebiet mit exorbitanter Wertschöpfung sei – aber eines mit einem verlässlichen Zuwachs. «Wir wussten: Fünf Prozent mehr gibt’s jedes Jahr automatisch. Daran haben wir uns gewöhnt.» Und jetzt? Conrady, mit Blick auf die Statistik: «Wie im Dritten Weltkrieg. Oder, nein: Schlimmer.» Besonders die Aviatik leidet. Doch isolieren lässt sich diese nicht, denn auch die Kreuzfahrt-Anbieter sind darauf angewiesen, dass ihre Kundinnen und Kunden überhaupt zum Hafen gelangen. Die Politik unterschätze die Bedeutung des Tourismus nach wie vor. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise und der entsprechenden Reiseverbote sind die Buchungen auf «Amadeus» in Deutschland um 94.2 Prozent zurückgegangen, die Reisebüros vermeldeten einen Umsatzrückgang von 80 Prozent. Die Zahlen für die Schweiz dürften ähnlich sein.

Tektonische Verschiebungen im Segment Geschäftsreisen

In 13 Hypothesen formulierte Conrady seine – durchaus begründeten - Annahmen zur Zukunft des Tourismus. Dass es bald einmal einen Impfstoff gebe, glaubt er nicht. Deshalb rechnet er mit einem Anstieg von Insolvenzen und entsprechend auch mit sehr zögerlichem und extrem kurzfristigem Reiseverhalten. Er geht davon aus, dass es im Bereich Geschäftsreisen tektonische, also irreversible Verschiebungen geben werde: «Zum einen werden viele Firmen sparen müssen, zum anderen haben sie gemerkt, dass Meetings ganz gut mit Zoom und MS Teams funktionieren.» Für die Reisebranche ein herber Verlust, weil es meist die Business-Kunden sind, die die teureren Tickets im vorderen Teil des Flugzeugs kaufen.

Im Bereich der Ferienreisen hingegen, so vermutet Conrady, werde früher oder später ein «new normal» einsetzen – wenn nicht sogar ein «better normal». Zwar gehe ein Kundensegment zumindest mittelfristig verloren: «Wer sich jetzt autark organisiert, sich ein Wohnmobil oder sogar eine Ferienimmobilie kauft, ist für längere Zeit weg vom Reisemarkt.» Doch reisen, auch in die Ferne, sei ein menschliches Grundbedürfnis. Conrady vermutet, dass Reisen in Zukunft wieder «besonderer» werde.

«Die Zeiten, wo man für fünf Euro nach Mailand geflogen ist, um dort einen Espresso zu trinken, sind hoffentlich vorbei. Da ist in der Vergangenheit einiges schief gelaufen in unserer Branche.»
- Prof. Dr. Roland Conrady

Die Digitalisierung werde auch in der Reisebranche weitergehen. Sie werde einen wesentlichen Teil des Marktes tangieren – nicht aber den ganzen: Der Profi weiss, dass gerade Kunden von Luxusreisen kaum Wert auf Digitalisierung legen. Ihnen ist die persönliche Beratung, der Kontakt zum Reisebüro wichtig, das ihre individuellen Ansprüche in ein möglichst perfektes Reisedossier bündelt. Deshalb rät Prof. Conrady den BZLU-Studierenden: «Lassen Sie sich so gut wie möglich ausbilden. Die Reisezukunft braucht Profis. Setzen Sie auf Digitalisierung, machen Sie sich fit – aber vergessen Sie auch nicht, wie wichtig der persönliche Kontakt zum Kunden ist.»

 

Fotos: BZLU / Pawel Streit

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